In den folgenden vier Kapiteln möchte ich einige der häufigsten typischen Verletzungen und Überlastungsbeschwerden bei Sportkletterern vorstellen. Vorausschicken möchte ich, daß es enorm wichtig ist, bei allen diesen Beschwerden nicht unter Schmerzen weiterzutrainieren oder zu belasten, bis eine genaue Diagnose vorliegt und ein vernünftiger Therapieplan erstellt ist.
Oft ergeben sich bei der Befragung nach dem Unfallmechanismus ähnliche Situationen, aus denen dann diese Verletzungen entstehen:
- durch Ausrutschen der Füße hängt der Kletterer nur mehr an einer Hand und belastet diese plötzlich mit seinem gesamten Körpergewicht.
- aber auch ein schneller forcierter Zug beim dynamischen »Durchziehen« an einem Griff wird als Ursache angegeben.
- Weiterhin hat sich das Schnappen und Springen nach Griffen oder das Verkanten in Fingerlöchern als sehr riskant für die Ringbänder und Beugesehnen der Finger erwiesen.
- Ein längeres Klettern an der Leistungsgrenze in ermüdetem Zustand erhöht das Unfallrisiko, z.B. »Auspowern« am Ende einer Trainingseinheit am Campusboard, eventuell sogar mit Doppeldynamos.
Meist wird von einem deutlichen »Schnalzen« berichtet, dass evtl. so laut ist, dass auch der mehrere Meter entfernt Sichernde dies Geräusch noch hört.
Bei derartigen Verletzungen und Symptomen sollte nicht mehr weitergeklettert werden (mit der Meinung »das wird schon wieder«), sondern die Verletzung muss einer baldigen Diagnostik und Therapie zugeführt werden.
Wir konnten bei einer Reihe von ähnlichen Verletzungen Risse und Teilrisse des Ringbandes am Fingergrundglied, Einrisse der Sehnenscheiden der Beugesehnen und in wenigen Fällen auch Verletzungen der Beugesehnen selbst (Teil- und Komplettrisse) finden. Eine Häufung dieser Verletzungen der funktionell anatomischen Einheit der Beugesehnen mit den Ringbändern kann durch die besondere Belastung dieser Strukturen beim Klettern erklärt werden: Beim Aufstellen der Finger sind Beugesehnen und Ringbänder einer maximalen Anspannung unterzogen, bei weiteren Belastungen, wie dem Ausrutschen von einem Tritt oder Griff, wird die Festigkeit dieser Strukturen über-schritten, und es kommt zum Einriss oder Riss.
Das Problem dieser Verletzung liegt in der Erkennung und den manchmal geringen Schmerzen, die nur in Belastung und nicht in Ruhe vorhanden sind, was meist zu einer Bagatellisierung verleitet. Leider wird ein Großteil dieser Verletzungen nicht sofort behandelt und damit kommt es meist zu einem sehr langwierigen Heilverlauf. Bleibende Bewegungseinschränkungen können die Folge sein.
Ob nun vollständige Ringbandrisse, Teilrisse oder nur Überdehnungen vorliegen, muss eine genaue Untersuchung aufzeigen. Als sehr hilfreich hat sich die Sonographie erwiesen, mit der die Schwere der Verletzung eindeutig dargestellt werden kann. Sie ist sogar der Magnetresonanztomographie überlegen, da dynamisch unter Anspannung der Sehnen untersucht werden kann.
Weiter müssen auch zusätzliche Verletzungen ausgeschlossen werden: Manchmal sind Schmerzen im Fingermittelglied an der Seite lokalisiert, was auf eine Verletzung eines Sehnenendzügels der Superficialissehne schließen lässt. In seltenen Fällen kann neben dem A2-Ringband am Grundgelenk auch die nächste Ringbänder – das A3-Ringband und das A4-Ringnand – mitreißen. Dies ist eine komplexe Verletzung mit einer hohen Instabilität im Beugesehnenbereich, die meist operiert werden sollte.
Erfahrungsgemäß sollten diese Verletzungen je nach Schwere auf einer Fingerschiene für wenige Tage bis zu zwei Wochen konsequent ruhiggestellt werden. Dadurch kann man doch den oft sehr langwierigen Heilungsverlauf – wenn diese Verletzungen nicht behandelt werden – deutlich abkürzen. Im Anschluss daran folgt die Behandlung mittels H-Tape oder Ringbandschutzring. Wichtig ist, das Tape nachts abzunehmen, da es sonst zur Bewegungseinschränkung kommen kann. Überhaupt gilt, da diese Verletzung zur Streck- und Beugeeinschränkung neigt, hier intensiv selbst zu Dehnen.
Frische Risse des A2-Ringbandes, die sofort behandelt werden, haben eine sehr gute Prognose; die volle Belastungsfähigkeit kann bei optimaler Behandlung nach 2 bis 4 Monaten wieder erreicht sein.
Wie Sonographieuntersuchungen an verletzten Ringbändern zeigten, heilen diese Risse mit einer guten Vernarbung aus, das Abheben der Beugesehne vom Knochen (siehe Kernspintomographiebild) bleibt jedoch zu einem gewissen Grad erhalten. Eine Einschränkung in der Belastungsfähigkeit oder der Kraft des verletzten Fingers bedeutet dies jedoch nicht. Das anfänglich vorhandene Kraftdefizit, bedingt durch die fehlende Umlenkung der Sehne am A2-Ringband und somit die Veränderung des mechanischen Hebels wird durch Anpassung bald ausgeglichen.
Therapierichtlinien bei Ringbandverletzung
Symptome bei Ringbandverletzungen
– »Krachen« oder »Schnalzen« beim Unfall
– Schwellung im Fingergrundglied
– gel. Bluterguß
– Schmerzen bei Belastung
– Bewegungseinschränkung
– Tastbares Hervortreten der Sehne
Therapie bei Ringbandverletzungen
– selten Operation
(z.B. bei kombinierten A2-A3-Ringbandverletzungen)
– Ruhigstellung auf einer Schiene (1 bis 2 Wochen),
anschließend Tapeverband bzw. Ringbandschutzring
– Antiphlogistikum
– zusätzliche Eisbehandlung
– intensive Rehabilitation
– Kletterverbot für 4 bis 16 Wochen
Die Sehnen mit ihren Gleit- und Widerlagern, den Sehnenscheiden und Ringbändern, bilden eine funktionelle Einheit. Bei starker Belastung der Sehne wird besonders die Sehnenscheide in Mitleidenschaft gezogen. Auf diese Weise kann eine Sehnenscheidenentzündung entstehen, die die Sehne einengt und ihr Gleiten beeinträchtigt. Anhaltende Belastung verstärkt die mechanische Reizung und fördert den Entzündungsvorgang. Dadurch wird vermehrt Flüssigkeit mit Fibrinbestandteilen in die Sehnenscheide ausgeschwitzt, wodurch es zu Verklebungen und Einengungen der Sehnenscheide kommen kann.
Das ständige Wechselspiel zwischen Reizung und Entzündung kennzeichnet dann das Bild der chronischen Sehnenscheidenentzündung.
Im akuten Stadium treten bei jeder Bewegung bzw. Belastung der Sehne stechende oder ziehende Schmerzen auf, die oft entlang der Sehne ausstrahlen. Der entzündete Sehnenabschnitt kann geschwollen und druckempfindlich sein, die entsprechende Hautoberfläche kann überwärmt sein.
Die Sehnenscheidenentzündung einzelner Finger ist das häufigste Überlastungssyndrom bei Sportkletterern geworden. Da Mittel- und Ringfinger beim Klettern am stärksten belastet werden, treten hier besonders häufig Entzündungen auf.
Vor allem in den Wintermonaten mit intensiven Trainingsphasen an der Kunstwand (vor allem Boulderwand) häufen sich diese Beschwerden. Gerade hier werden die Finger oft aufgestellt. Dieses Aufstellen der Finger wirkt sich extrem ungünstig aus, weil die Sehne und ihre Sehnenscheide bei maximal gebeugtem Mittelgelenk sehr hohen Halte- und Umlenkkräften ausgesetzt sind.
Vergleicht man die eingescheidete Sehne mit einem Bremszug am Fahrrad, kann man sich gut vorstellen, welche Reibungsbelastungen auftreten, wenn sie stark geknickt wird. Diagnostisch muss man bei ähnlichen Symptomen die Verletzung eines Ringbandes von der Sehnenscheidenentzündung abgrenzen. Dies gelingt gut durch Ultraschalluntersuchungen am Finger. Bei Sehnenscheidenentzündungen können zwar die Beschwerden während des Kletterns auch relativ akut beginnen, aber es liegt nie eine echte Verletzung (Sturz, Hängenbleiben eines Fingers usw.) vor. Ein Schnalzen oder Krachen wie beim Ringbandriss ist nie zu hören.
Schmerzen dürfen bei derartigen Symptomen nicht ignoriert werden, sonst kann sich aus dem akuten Stadium, das meist gut zu behandeln ist, eine chronische Entzündung entwickeln. Oft wird diese zum Problem, das nicht mehr nur die sportliche Leistungsfähigkeit, sondern auch einfache, alltägliche Arbeiten stark beeinträchtigt.
So muss mit der Therapie konsequent und baldigst nach dem ersten Auftreten begonnen werden:
Die Behandlung der Sehnenscheidenentzündung erfolgt im akuten Stadium durch Ruhigstellen mit einer Schiene über mindestens eine Woche und anschließende Schonung über weitere ein bis zwei Wochen. Zusätzlich kann man durch Einnahme von entzündungshemmenden Medikamenten (Antiphlogistika; Phlogenzym®, Wobenzym®) und Eisabreibungen Besserung erzielen.
Wird eine krankengymnastische Therapie durchgeführt, kann die Schiene zur Therapie abgenommen werden. Nach Abklingen der Hauptsymptomatik wird auf einen Tapeverband gewechselt.
Zur Behandlung der Flüssigkeitsansammlung im Sehnenfach können Kälte- und Hitzeapplikationen zur Anwendung kommen. Hierbei ist es wichtig, dass diese sachgemäß durchgeführt werden, da es ansonsten zu Verletzungen oder einer Verschlechterung der Symptomatik kommen kann.
Passive und aktive Sehnenmobilisation dient zur Lösung von Verklebungen und Erhöhung der Sehnengleitfähigkeit. Nach Abklingen des Akutstadiums wird in die Behandlung zunehmend ein leichtes statisches Dehnen der betroffenen Muskulatur integriert, um weitere Verklebungen zu lösen. Kraut- und Topfenwickel wirken entzündungshemmend und können ergänzend zur Therapie zu Hause aufgelegt werden.
In chronischen Fällen kann durch Injektion eines schmerzstillenden und entzündungshemmenden Mittels in die Sehnenscheide Besserung erreicht werden. Selten, wenn also über Monate sämtliche Therapiemaßnahmen fehlgeschlagen sind, kann als letzter Schritt die operative Spaltung der Sehnenscheide durchgeführt werden.
Bei chronischen Sehnenscheidenentzündungen findet man manchmal Überbeweglichkeiten in den Gelenken oder auch eine allgemeine Bänderschwäche. Zeitweises Bandagieren oder Handgelenksbandagen können die Schmerzen reduzieren.
Bei diesen Sehnenscheidenentzündungen besteht häufig auch ein muskuläres Ungleichgewicht. Bei Kletterern ist meist die Beugemuskulatur im Vergleich zu den Streckern und kurzen Handmuskeln zu kräftig. Zu schwache Muskulatur muss daher gezielt gekräftigt und verkürzte gedehnt werden, um ein muskuläres Gleichgewicht wieder herzustellen. Hierfür eignen sich u. a. exzentrische Kontraktionsmaßnahmen (mittels Theraband) nach abklingen der Schmerzsymptomatik. Sie unterstützen die Tonusregulierung und führen zu einer Verbesserung von Koordination und Kraft Eine Ultraschall-, Strom- oder Laserbehandlung kann individuell je nach Bedarf und Verfügbarkeit die Behandlung unterstützen (schmerzlindernd, Lockerung der Muskulatur).
Bei der Wiederaufnahme des Klettersportes empfiehlt es sich den verletzen Finger zu Tapen um die Sehnenscheide zu entlasten. Hier ist vor allem das H-Tape, (siehe Kapitel Tape) zu empfehlen. Durch das H-Tape wird der Verlauf der Sehne leicht geändert und es entsteht weniger Reibungskraft an der Sehnenscheide, die für die Entzündung verantwortlich ist
Ursachen der Sehnenscheidenentzündung
– Aufstellen der Finger
– sich oft wiederholende, einseitige Bewegungen
(z.B. am Campusboard)
– zu geringe Erholungszeit während des Kletterns
(Indoortraining, Bouldern)
zu hohe Intensität
muskuläres Ungleichgewicht
- Klettern im ermüdeten Zustand
Symptome der Sehnenscheidenentzündung
– Druckschmerz im Grundglied
– Schwellung
– Belastungsschmerz
- kein konkretes Unfallereignis
Therapie der Sehnenscheidenentzündung
– Schonung
– Ruhigstellung mit Schiene
– entzündungshemmende Medikamente
– Injektionen eines entzündungshemmenden Medikaments
in die Sehnenscheide
– Tapeverband
– Eisabreibungen
– Bürstenmassagen
- Schwefelbäder / Teersalbe
Bei rund 40% der Kletterer sind Verdickungen der Fingermittel- und Endgelenke zu beobachten. Zum einen Teil handelt es sich um Anpassungsvorgänge, dazu gehören kräftige Seitenbänder, zum anderen, größeren Teil sind es Überlastungserscheinungen. Meist lässt sich dies direkt auf das Aufstellen der Finger an kleinen Griffen zurückführen. Beim Aufstellen wird das Fingermittelgelenk fast maximal abgebeugt und das Endgelenk überstreckt. Bei diesen Gelenkstellungen wird der Gelenkknorpel punktuell und nicht mehr gleichmäßig im gesamten Gelenk belastet. Das bedeutet, dass an diesen Stellen der Knorpel stark komprimiert wird und seine Elastizität und Widerstandsfähigkeit verliert. Über Mikrorisse im Knorpel werden aggressive Knorpelenzyme ausgeschwemmt, die die Gelenkinnenhaut (Synovia) reizen, die wiederum vermehrt Flüssigkeit bildet. Es entsteht ein Teufelskreislauf aus Überlastung–Erguß–Schleimhautschwellung–vermehrte Bildung von Gelenkflüssigkeit usw.
Äußerlich ist dieser Gelenkerguss an einer elastischen, verschieblichen Schwellung und Verdickung des Fingergelenkes zu erkennen. Die Bewegungsfähigkeit, das heißt die vollständige Beugung und Streckung ist dadurch eingeschränkt, ebenso die Feinmotorik. Am Morgen macht sich eine unangenehme Steifigkeit der Gelenke bemerkbar, die sich nach einigen Bewegungsübungen verbessert.
Ein Gelenkerguss verursacht meist dumpfe Schmerzen, da die Flüssigkeit einen Dauerdruck auf die zahlreichen Nervenendigungen in der Gelenkkapsel ausübt (Capsulitis). Oft beklagen die Kletterer Schmerzen vor allem streckseitig und seitlich an der Gelenkkapsel.
Bei der Untersuchung langjährig aktiver Kletterer fallen auch manchmal sog. »Schlottergelenke« auf. Kombiniert mit chronischen Ergüssen, die die Kapsel ausweiten, kommt es zu vermehrter seitlicher Beweglichkeit des Gelenks.
Bei länger anhaltenden Gelenkschwellungen bildet sich eine chronische Entzündung der Gelenkschleimhaut aus, die einen hartnäckig Erguss produziert und Schmerzen bereitet. Diese Capsuitis/Synovitis ist oft schwierig zu behandeln, oft muss man in chronischen Fällen lokale Injektionen von entzündungshemmenden Medikamenten ins Gelenk vornehmen.
Ursachen für Fingergelenkschwellungen
– Gelenkerguß
– Gelenkkapselverdickung
– Knorpelschädigung
– Hypertrophie der Seitenbänder
– Knochenanbauten
– Chronische Entzündung der Gelenkschleimhaut
Symptome bei Fingergelenkschwellungen
– morgendliche Fingersteifheit
– Schmerzen nach Belastung
– Einschränkung der Beweglichkeit und Feinmotorik
– Ggf. auch Rötung und Überwärmung des Gelenkes
Gelenkschwellungen zeigen sich anfangs vor allem am Mittelgelenk des Mittel- und Ringfingers.
Wie bei allen Überlastungsschäden ist auch bei den Fingergelenkschwellungen vorerst eine deutliche Reduzierung der Kletter- und Trainingsbelastung zu empfehlen. Gezielte Aufwärm- und Dehnungsübungen fördern die Gelenkdurchblutung und damit den Knorpelaufbau ebenso wie äußerliche Wärmeanwendungen. Kälte bzw. Eis soll nach einer akuten Überlastung angewendet werden.
Therapie bei Fingergelenkschwellungen
– Schonung
– im akuten Stadium: Kälte, Eis
– im chronischen Stadium: Wärme
– Bewegungen ohne Belastung
(Softbälle, Knetmassen, Qi-Gong-Kugeln)
– leichter Zug an der Gelenken über 30 - 40 Sekunden
– Schwefelbäder, Teersalbenverbände
– Injektion eines entündungshemmenden Medikamentes
Jugendliche klettern derzeit Routen in Schwierigkeiten, die noch vor Jahren absoluten Spitzenkönnern vorbehalten waren. Unterstützt werden sie dabei durch ihr relativ geringes Gewicht (optimale Kombination leistungsbestimmender Faktoren von Kraft, Beweglichkeit und Gewicht, damit einer hohen »Relativ-Kraft«).
Klettern in den schwierigen Routen belastet – wie wir bereits wissen – hauptsächlich das Fingermittelgelenk und die benachbarten anatomischen Strukturen. Bereits seit 1994 sind öfters junge Kletterer im Alter von 13 bis 15 Jahren mit Gelenkschwellungen und Schmerzen am Mittelgelenk bekannt geworden. Nur einer dieser Kletterer konnte sich an eine echte Verletzung erinnern, alle anderen klagten eher über langsam zunehmende Schmerzen und Schwellungen. Die Röntgenaufnahmen ergaben in allen Fällen eine Wachstumsfugenverletzung am Mittelglied der Finger. Ein kleiner Teil der Wachstumsfugen hat sich abgelöst. Kommen junge Patienten mit Schmerzen im Fingermittelgelenk, die erst seit sehr kurzer Zeit bestehen, ist oft im Röntgenbild noch nichts zu sehen.
Das MRT (Magnetresonanztomographie) jedoch reagiert auf Durchblutungsstörungen des Knochens und der Wachstumsfuge sehr sensibel. Damit können auch beginnende Wachstumsfugenlösungen sofort diagnostiziert werden. Die Wachstumsfugen sind sehr empfindliche gelenknahe Bereiche der Röhrenknochen, in denen das Längenwachstum der Knochen vor sich geht. Verletzungen während des Wachstums können zu verschiedenen unerwünschten Veränderungen, wie frühzeitigem Verschluss der Wachstumsfuge, vermehrten Wachstum oder zu Verformungen führen. Geht die Verletzung durch die Wachstumsfuge mitten in das Gelenk, führt dies meist zu erheblichen Deformitäten. Außerdem kann sich durch das nicht mehr kongruente Gelenk ein frühzeitiger Verschleiß entwickeln.
Die Wachstumsfuge scheint gerade bei männlichen Kletterern in dem Alter, in dem sie sich normalerweise gerade zu verschließen beginnt, am anfälligsten zu sein. Dies hat sicherlich auch damit zu tun, dass sich in dem Alter, in dem sich diese Kletterer gerade befinden, der Gewicht-Kraftfaktor ungünstig zu verändern beginnt. Die Jugendlichen werden schwerer und versuchen nun dieses Handikap mit mehr Kraft und einem dem Alter nicht angemessenen Krafttraining auszugleichen. Weiterhin ist bekannt, dass die vermehrte Testosteronausschüttung (männliches Geschlechtshormon) in der Pubertät bei Buben die mechanische Festigkeit der Wachstumsfuge schwächt.
Hier zeigte sich im oberen Anteil der Epiphyse eine Ablösung des Knochens, unbehandelt kann dies zu schweren Schädigungen führen.
Kinder und Jugendliche sollten ein leistungsorientiertes Training daher nur unter sportmedizinischer Aufsicht und Leitung durch ausgebildete Trainer durchführen. Ein Maximalkrafttraining und Training am Campusboard gehört hier keinesfalls dazu! Alle jugendlichen Leistungskletterer mit Ermüdungsfrakturen berichteten über ein Campusboardtraining! – 2/3 aller Jugendlichen die am Campusboard trainierten erlitten eine Ermüdungsfraktur! Aufgrund des im Wachstumsalters noch weichen Knorpels und der offenen Wachstumsfugen hat ein solch hoch intensives Training in dieser Alterstufe keinen Stellenwert – es gehört schlichtweg verboten! Übergrosser Ehrgeiz von Eltern und Trainer kann hier nicht nur die sportliche Zukunft eines Kindes zerstören. Ebensolches gilt für ein anderes Maximalkrafttraining der Finger wie z.B. Hängeübungen mit Zusatzgewichten. Oft diskutiert wird die Frage inwieweit Kinder- und Jugendliche auf ein „Aufstellen“ der Finger verzichten sollten. Hier kann es nur einen Mittelweg zwischen einerseits dem Wunsch der Mediziner und andererseits der sportartbedingten Notwendigkeit geben. Sicher sollte ein übermässiges Aufstellen vermieden werden, allerdings macht es auch keinen Sinn im Wintertraining an Kunstgriffen nur „hängend“ zu klettern und dann im Frühjahr am Fels die erste kleine Leiste zu „stellen“. Ein gewisses Heranführen an erwartete Belastungen benötigt der Körper ebenso. Generell also gilt, kein Maximalkrafttraining, auf gar keinen Fall „Campusbord“, sondern eher Ausdauerklettern und Bewegungserlernen.
Symptome bei Wachstumsfugenverletzungen
– Gelenkschwellung
– Ruhe- und Belastungsschmerz
– Streck- und Beugedefizit Fingermittelgelenk
Therapie bei Wachstumsfugenverletzungen
– sofortiger Arztbesuch
– Röntgen, ev. MRT
– Ruhigstellung für 3 Wochen
– Entlastung und Kletterverbot für 3 bis 6 Monate
Unklare anhaltende Fingerschmerzen bei jugendlichen Kletterern müssen immer ärztlich abgeklärt werden, falls das Röntgenbild unauffällig ist, muss eine Kernspintomografie durchgeführt werden